Hustet ein Kollege einen anderen an und wünscht ihm dabei eine Corona-Infektion, kann das die Kündigung rechtfertigen. In einem Fall vor dem Düsseldorfer Landesarbeitsgericht ging ein Prozess allerdings trotzdem zugunsten des Hustenden aus. Bei Verfahren am Detmolder Arbeitsgericht habe das Coronavirus, bisher noch keine Rolle gespielt, betonte René Schoob, Direktor des Arbeitsgerichts auf Anfrage. Doch Corona-Schutzmaßnahmen sollten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht auf die leichte Schulter nehmen.
Dies stellte nun das Landarbeitsgericht in einem veröffentlichten Urteil klar: Wenn ein Arbeitnehmer einen anderen anhustet und dabei auch noch die Hoffnung äußert, der Kollege möge sich mit Corona anstecken, kann dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Allerdings: Für die Wirksamkeit der Entlassung müsse der Arbeitgeber den Sachverhalt zweifellos beweisen. Im konkreten Fall eines Zerspannungsmechanikers gelang das nicht – deshalb gab das Gericht der Kündigungsschutzklage des Mannes statt. Er muss weiter im Betrieb beschäftigt werden.
Arbeitnehmer weigert sich wiederholt, sich an die Schutznahmen zu halten
Hintergrund: Der Arbeitgeber des Mechanikers hatte im März vergangenen Jahres einen internen Pandemieplan aufgestellt, um die Corona-Ansteckungsrisiken zu senken. Der Plan beinhaltete Verhandlungsregeln: Beim Husten oder Niesen sollten die Mitarbeiter ein Papiertaschentuch verwenden oder in den Ärmel husten und einen Sicherheitsabstand einhalten. Darüber wurden alle Beschäftigten in verschiedenen Mails sowie einer Abteilungsversammlung informiert. Laut Arbeitgeber habe der langjährige Mitarbeiter gegenüber Kollegen geäußert, die Maßnahmen „nicht ernst zu nehmen“. Im März 2020 habe er einen Mitarbeiter „ohne jegliche Barriere aus einem Abstand von einer halben bis maximal einer Armlänge vorsätzlich angehustet“ – und ihm auch noch eine Corona-Infektion gewünscht. Ob der Mann tatsächlich Corona infiziert war, konnte der Arbeitgeber nicht beweisen. Mehrfach habe der Arbeitnehmer zudem vorgeschriebene Hygienemaßnahmen und Sicherheitsabstände nicht eingehalten. Wegen des Hust-Vorfalls und der wiederholten Weigerung, sich an die Schutzmaßnahmen zu halten, wurde dem Mann im April 2020 fristlos gekündigt.
Vorsätzliches Anhusten verletzt die Rücksichtnahmepflicht
Der Kläger bestritt die Vorwürfe. Er habe, wenn möglich, die Sicherheitsabstände und die Hustenetikette eingehalten. Eine vorsätzliche Hustenattacke habe es nicht gegeben. Er habe lediglich einen Hustenreiz verspürt und spontan mit Abstand gehustet. Als der andere Kollege sich belästigt gefühlt habe, habe er nur entgegnet, dieser solle „chillen, er würde schon kein Corona bekommen“.
Die 3. Kammer des Düsseldorfer Landesarbeitsgericht urteilte: Vorsätzliches Anhusten aus nächster Nähe nach Ausbruch der Pandemie sowie die Äußerung, der Kollege solle Corona bekommen, verletze „in erheblicher Weise die dem Arbeitsverhältnis innewohnende Rücksichtnahmepflicht gegenüber Kollegen“. Mache der Arbeitnehmer noch deutlich, dass er sich nicht an die Arbeitsschutzvorschriften halten wolle, sei durchaus eine Kündigung möglich, ohne vorherige Abmahnung. Jedoch habe der Arbeitgeber, nach umfangreicher Beweisaufnahme, im konkreten Streitfall die Vorfälle nicht beweisen können. Es sei allein der Vorwurf erhoben worden, die Abstandsregeln verletzt zu haben – und da reiche zunächst eine Abmahnung.
Das Landesarbeitsgericht hat eine Revision nicht zugelassen. (Az.: 3 Sa 646/20).
<img src="http://vg02.met.vgwort.de/na/c404841d58c241b0adae51aecfd9086e" alt="/"""