„Ich freue mich immer über keine Musik“

Sebastian Müller ist Musiker und kreativer Kopf der gleichnamigen Band, die in knapp drei Wochen ihr zweites Album aufnehmen möchte. Die 14-köpfige Formation, deren Mitglieder über die ganze Republik verteilt sind, trifft sich im Music-Club Red Horn District. Hier wohnt und arbeitet Sebastian – ein Gespräch mit dem 33-jährigen Tonmeister über kreative Momente, seine Abneigung gegenüber Konzertbesuchen und über Liebeslieder, die er für Frauen komponiert hat. Wir kennen uns schon etwas länger, daher sind wir beim Du geblieben.

Hallo Sebastian, Du bist jeden Tag kurz nach dem Aufstehen mit Kaffee und Kippe am Klavier…
Sebastian Müller: Ich frühstücke nicht und so kurz nach dem Aufwachen habe ich schon mal kreative Momente. Manchmal fällt mir was ein, dann sing es in mein Handy und wenn ich es mir eine Woche später anhöre, denke ich was ist das für Müll. Von 100 Ideen, bleiben vielleicht drei über, die dann weiterverarbeitet werden.

Und die Umgebung hier Red Horn District mit so vielen Musikinstrumenten, Kartons, Lautsprechern und Bildschirmen inspiriert Dich?
Müller: Ja, auf jeden Fall. Hier in diesem ‚geordneten Chaos‘ habe ich meinen Schreibtisch, mein Klavier, meinen Rechner und alles was ich brauche.

Sebastian Müller in seinem Büro im Red Horn.

Woran sitzt Du gerade?
Müller: An den Stücken für unser zweites Album.

Wie viele Lieder hast Du denn schon fertig?
Müller: Noch keines.

Ok – gibt es denn einen Termin für die Aufnahmen?
Müller: Der Termin für die Aufnahmen ist fix – 17. bis 24. Juli. Dadurch, dass wir 14 Leute sind, müssen wir halt lange im voraus planen. Diesen Termin gibt’s bereits seit vergangenem Jahr – nur die Finanzierung stand noch etwas in den Sternen und dies ist jetzt durch unseren Crowdfunding-Erfolg auch geklärt. Eigentlich bin gar kein großer Crowdfunding-Fan, aber durch die Einnahmen können wir alle Leute, die mit dem neuen Album zu tun haben auch fair bezahlen.

Wessen Idee war das mit dem Crowdfunding?
Müller: Wir haben nach einer Finanzierungsquelle gesucht. Grundsätzlich hätte ich es viel schöner gefunden, wenn wir das Geld durch Konzerte oder CD-Verkäufe verdient hätten.

Ihr seid so eine große Truppe, damit kann man ja kein Geld verdienen – ist es eher ein soziales Projekt…
Müller: Ja, total. Das ist absolutes Hobby-, Liebhaber- und Spaßprojekt. Es funktioniert auch nur, weil wir ein Freundeskreis sind.

Wie viele Stücke sollen auf das neue Album?
Müller: Ungefähr zwölf. Vor zwei Jahren haben wir fürs erste Album hier 18 Stücke aufgenommen. Einige Lieder, die es nichts ins erste Album geschafft haben, könnten wir jetzt mitnehmen. Das sind jetzt mal meine Überlegungen.

Werden die Bandmitglieder über solche Gedanken informiert?
Müller: Nein – nicht so ausführlich. Im Prinzip mache ich das alles mehr oder weniger alleine. Ich halte die Bandmitglieder schon auf dem Laufenden, die kriegen Noten von mir und die Arrangements.

Du bist der kreative Kopf der Truppe, die ja auch Deinen Namen trägt. Wir war oder ist es in Zeiten der Pandemie mit Ausgangssperre, Maskenpflicht und Kontaktbeschränkungen…
Müller: Also was so die Band betrifft, hat es gar nicht so viel ausgemacht, weil wir uns eh relativ wenig sehen. Wir haben zu normalen Zeiten drei bis fünf Konzerte pro Jahr gespielt. In diesem Sinne ist gar nicht so viel weggefallen. Wir proben auch nicht regelmäßig, wir arbeiten immer projektbezogen.

An dieser Pinnwand sollen die Stücke für zweite Album stehen.

Dürfen die Bandmitglieder denn mitreden?
Müller: Auf jeden Fall. Aber wir haben einen Prozess durchgemacht. Ich wollte nie Bandleader sein und wollte auch nicht, dass sie so heißt wie ich. Es war ganz witzig, da ich immer die Arrangements und die Noten geschrieben habe, war ich derjenige, der wusste worum es ging. Wobei ich das gar nicht wollte, weil letztendlich dann die ganze Arbeit an mir hängen blieb und bleibt. Ich will nicht derjenige sein, der Leute anrufen muss. Ich will nicht der derjenige sein, den Leute anrufen, wenn sie nicht proben können. Wenn man 14 Leute hat und alle eine Meinung zu Dingen haben, muss es letztendlich einen geben der entscheidet. Natürlich gibt es immer wieder viele Vorschläge und Ideen, aber die müssen auch funktionieren und passen. Wir haben dann kollektiv festgestellt, dass es besser ist, wenn es einer in der Hand hat, weil es dann runder und zielgerichteter wird. Also diese ungewollte ‚Chefrolle‘ war ein natürlicher, pragmatischer Prozess, der auch Vertrauen geschaffen hat.

Dann habt Ihr auch gleich den Namen festgelegt?
Müller. Wir haben uns aus Jux Sebastian-Müller-Band genannt und haben uns auch zwei Abende in der Kneipe getroffen, um uns einen neuen Namen zu überlegen. An den beiden Tagen ist uns aber nur Schrott eingefallen, dann haben wir gesagt Sebastian-Müller-Band ist so bescheuert, dass bleibt hängen und dabei belassen wir’s eben. Wir sind gerade dabei den Namen in S/M/B zu ändern.

Ist Dir das peinlich oder unangenehm?
Müller: Na ja, ich finde den Namen schlecht. Peinlich nicht, aber mir geht es um die Verantwortlichkeit – ich möchte gerne, dass sich alle für die Band verantwortlich fühlen.

Wie gehst Du denn, wenn wir mal das Fußballbild nehmen, als Trainer mit den ganzen Eitelkeiten um?
Müller: Gute Frage, keine Ahnung. Ich frage mich noch immer wie das eigentlich funktioniert, ich hätte nie gedacht, dass es die Band bis heute geben wird. Wir haben Glück, dass wir eine relativ tolerante Truppe sind, wo es gar nicht so große musikalische Egos gibt. Trotzdem ist es wichtig, dass es bei 14 Leuten jeder einzelne wahrgenommen wird, sowohl musikalisch als auch menschlich. Wenn jemand ein Problem hat, wird es ernst genommen. Es wird nicht weggewischt mit dem Argument, aber 13 andere sind dafür. Ich bin auch eher ein diplomatischer Typ, dass ist ganz praktisch für diese Rolle.

Hast Du mal mit dem Gedanken gespielt, die Sache mit der Band ganz zu lassen?
Müller: Ja, klar. Immer wieder. Es ist wie eine Beziehung. Es gibt immer wieder Phasen, in denen es mir auf den Sack geht. Vor zweieinhalb haben wir die Entscheidung für unseres erstes Album getroffen. Wovor ich mich immer gedrückt habe, weil ich wusste wie viel Arbeit das ist und ich etwas perfektionistisch veranlagt bin. Damals war ich Single und dachte mir – es gibt keine bessere Zeit und keinen besseren Ort, um es zu machen. Vor allem habe ich im Red Horn die besten Arbeitsbedingungen – dann fiel die Entscheidung pro Album.

Das erste Album war die 1 und folgerichtig heißt das Nachfolgewerk nun 2 – wie war es nach dem ersten Album – warst Du stolz oder was ist das für ein Gefühl nach der Premieren-CD?
Müller: Es war schade, dass wir das in dem Winter nicht gemeinsam feiern konnten. Der gemeinsam Abschluss hat gefehlt. Als wir dann die Homepage hatten, kamen am ersten Tag zehn oder 15 Bestellungen. Ich dachte nur scheiße, scheiße ich habe gar keine Briefmarken, keine Umschläge – ich wusste gar nicht wie ich das machen soll und war total überfordert.

Wie viele CDs habt ihr verkauft?
Müller: Vielleicht 50 oder so.

Und was sagste dazu?
Müller: Cool – ich freue mich über jede einzelne CD, die wir verkaufen.

Gibt’s denn eine Deadline für das zweite Album?
Müller: Ja, der 2.2.2222.

Was hast Du für ein Gefühl, wenn Du 2.2.2222 sagst?
Müller: Super. Das wird alles gut und es ist auf jeden Fall ein realistisches Ziel.

Gibt es eine musikalische Grundidee?
Müller: Grundsätzlich sind wir alle sehr experimentierfreudig. Die Grundidee ist die Besetzung an sich. Seit dem ich Musik mache, war es mein Traum eine Band zu haben oder in einer zu spielen, wo mehrere Bläser und Sänger sind. Die Grundidee ist auch, dass wir probieren, was man mit so einer Band alles machen kann. Das ist sehr spannend, wir können Stücke spielen, die in Richtung Bigband gehen oder auch Funkrock-Sachen machen. Wir probieren immer aus, was geht. Das ist keine gefällige Musik und marketingtechnisch eine Katastrophe.

Gefällige Musik käme bei Dir gar nicht in die Tüte?
Müller: Mein Anspruch beim komponieren ist nicht, dass ich ein Stück schreibe, das möglichst vielen Leuten gefällt.

Sondern?
Müller: Der Anspruch ist eher, dass es mir gefällt. Vielleicht mich und die Band in eine neue Richtung lenkt, die auch für uns Neuland ist. Primärziel ist nicht, dass es möglichst vielen Leuten gefällt und wir damit viel Geld verdienen oder erfolgreich sind.

Was steht dann im Fokus – musikalische Erfüllung?
Müller: Man ist ja immer wieder auf der Suche nach neuen Sachen und Ideen, um Dinge zu finden, die einem Spaß machen.

Was machst Du an so einem Konzertabend bist Du auch auf der Bühne?
Müller: Ich bin auch mit dabei uns spiele Keyboard.

Kannst Du noch andere Instrumente spielen?
Müller: Eigentlich nur Klavier.

Wann hast Du damit angefangen?
Müller: Ich glaube da war ich fünf oder sechs.

Wie bist Du dazu gekommen?
Müller: Durch meinen Vater, er war Hobbymusiker und hat in einer Coverband gespielt.

Und Du bist da mit und hast getanzt?
Müller: Nein, gar nicht. Es war schon vor meiner Geburt – vor rund 40 Jahren. Was heute DJs machen, haben damals diese Coverbands gemacht. Nachdem meine Schwester und ich auf der Welt waren, hat mein Vater seine Auftritte eingestellt, weil es wegen Familie und Beruf nicht mehr ging. Er kann sehr gut Gitarre, Saxophon und ein wenig Klavier spielen. Er hat sich dann irgendwann eine E-Piano gekauft, weil er für sich zu Hause spielen wollte. Das hat mich interessiert und ich habe versucht es immer nachzuspielen. Irgendwann hat er mir Klavierunterricht gegeben – ein, zwei Jahre und dann festgestellt, dass es nicht gut ist, wenn er es macht.

Und dann?
Müller: Dann haben mich meine Eltern zum Klavierunterricht geschickt. Mir hat es auch immer Spaß gemacht – als ich dann 13, 14 Jahre war nicht mehr so, weil ich eine Lehrerin hatte, die mit mir nur die klassischen Sachen geübt hat. Irgendwann wurde so schlimm, dass es auch meine Eltern eingesehen haben. Nach einer kurzen Pause, hat mich mein Vater wieder in einer Musikschule angemeldet, die auch Bands hatte. Die Leiterin mich direkt in einer Nachwuchsband untergebracht. Es war das erste Mal, dass ich in einer Band gespielt habe und dann hat alles wieder Sinn und Spaß gemacht.

Wie hieß Deine erste Band?
Müller: „Waiting for Peter“ und ich war 14 oder 15 Jahre.

Und hast Du Peter mal getroffen?
Müller: Nein, der kam irgendwie nie.

Aber von der Musikschule zum Studium ist es ja dann doch ein Schritt?
Müller: Das stimmt – ich wollte nach dem Abi Mathe oder Musik studieren und bin dann schließlich mit 20 Jahren von Alzey, der Ort liegt bei Mainz, zum Tonmeister-Studiengang in Detmold gekommen. Bei der Aufnahmeprüfung bin ich durch Klavierprüfung gefallen, aber beim zweiten Mal habe ich es bestanden. Es war eine sehr coole Zeit, ich konnte viele Dinge ausprobieren und habe viele der heutigen Bandmitglieder kennengelernt.

Hast Du während des Studiums Gedanken um die Zukunft gemacht?
Müller: Am Anfang spielte das gar keine Rolle. Ich wusste auf jeden Fall, dass ich nicht Klavierlehrer werden möchte. Bis ich 30 bin, wollte ich Dinge machen auf die ich Bock habe.


Jetzt biste schon ein bisschen über 30 – lebst Du denn jetzt das Leben, das Du wolltest?
Müller: Keine Ahnung – ich bin auch nicht so ein Mensch, der ein Lebensziel hat. Es gefällt mir gut, dass ich verschiedene Dinge mache. Mal komponieren, aufnehmen, arrangieren, Bücher schreiben. Wenn ich immer nur ein Ding mache, wird mir schnell langweilig.

Was sagen Deine Eltern?
Müller: Mein Vater ist eher locker und sagt, ja das wird schon alles. Dafür hat sich meine Mutter vor ein paar Jahren große Sorgen gemacht, weil ich nicht so ein Menschen bin, der immer alles erzählt. Sie dachte, dass ich den ganzen vor dem Fernseher sitze. Irgendwann ist sie in Tränen ausgebrochen und sagte, dass sie sich um meine Zukunft sorge. Es ist inzwischen etwas besser geworden, da ich auch am Theater so einiges gemacht habe, damit konnte sie was anfangen. Meine Mutter arbeitet im Finanzamt und kann sich ein Leben als Freiberufler nur schwer vorstellen.

Ist Deine Schwester auch im Musikbereich gelandet?
Müller: Nee, sie arbeitet bei einer internationalen Unternehmensberatung.

Zurück zur Musik – wenn ihr als Band so einen Auftritt habt, gibt es ein Ritual vor dem Gang auf die Bühne. Also wie beim Fußball, wenn so ein Kreis gebildet wird, um sich nochmal zu motivieren?
Müller: So was ähnliches machen wir auch – wir stellen uns vor dem Konzert alle hin. Dadurch, dass wir das schon relativ lange machen, weiß jeder wie die Stücke funktionieren und die Abläufe sind. Aber wir sind auch so flexibel, um kurzfristige Änderungen vorzunehmen, deshalb stehen wir zusammen und besprechen es dann kurz.

Du überrascht die Bandmitglieder dann auch mal?
Müller: Ja, kann schon mal vorkommen. Aber ich finde es sehr cool, dass das so locker-flockig funktioniert bei so vielen Leuten.

Denkst Du, dass ihr dieses Jahr live auftreten könnt?
Müller: Ich glaube nicht, dass wir in Zukunft so häufig live auftreten werden, denn die Entfernungen sind schon enorm für ein Konzert. Sagen wir mal wir kriegen für September eine Anfrage aus Paderborn, dass heißt wir müssen uns vorher treffen, um mal wenigstens einmal zu proben und alle Bandmitglieder müssen auch an diesem Termin können. Das sind alles so Sachen, die sich fast gar nicht umsetzen lassen.

Könntest Du Dir auch vorstellen in kleineren Einheiten aufzutreten?
Müller: Nein, wenn Sebastian-Müller-Band angekündigt wird, ist auch die Band da. Das ist ja auch das coole und der Reiz an der Sache.

Und Du alleine – ein Klavierabend?
Müller: Habe ich vergangenes Jahr mal gemacht.

Und?
Müller: Was furchtbar – mach‘ ich nie mehr.

Warum?
Müller: Weiß ich auch nicht, so alleine Klavierspielen kann ich auch hier im Büro.

Du bist eher der Teamplayer…
Müller: Ja, das macht mir eben viel mehr Spaß in einer Band auf der Bühne, obwohl ich da meinen Kopf auch nicht ausschalten kann, weil ich jeden schiefen Ton höre, wobei der Zuhörer das gar nicht merkt.

Auf der Bühne bist Du dann eine gespaltene Persönlichkeit – Du spielst und hörst jeden schiefen oder unsauberen Ton?
Müller: Ja, ja. Das kommt durch meine Tonmeisterausbildung. Es ist gar nicht so cool, aber ich kann leider mein Analysehirn nicht abschalten. Deshalb gehe ich auch sehr ungern auf Konzerte. Ich checke die Auftritte nicht nur musikalisch, sondern auch soundmäßig – es sind dann manchmal doppelte Schmerzen.

Was war dein letztes Konzert, kannst Du dich daran erinnern?
Müller: Nicht wirklich – es war hier im Red Horn, hier finden immer wieder Konzerte statt.

Hast Du denn eine Lieblingsband oder einen Lieblingsmusiker?
Müller: Viele – ich bin aufgewachsen mit Chicago, Earth, Wind & Fire, daher kommt auch die Vorliebe für Bläser.

Also dürfte man Dir keine Konzerttickets schenken?
Müller: Ach ja, aber es kommt auch immer auf meine persönliche Stimmung an.

Sag mal kommt es bei Frauen an, dass Du Klavier spielst sowie Tonmeister und Bandchef bist?
Müller: Das erwähne ich gar nicht, ich sage höchstens, dass ich Musiker bin. Wenn die Leute dann nachfragen, erzählen ich es dann vielleicht mehr. Ich mach aus dem Komponieren oder dem Klavierspiel keine eigene Weltanschauung, denn für mich ist es eher Handwerk.

Hast mal für eine Frau etwas geschrieben oder komponiert?
Müller: Nee. Ich bin ja auch meistens alleine, wenn ich am Klavier sitze. Ich versuche privates und berufliches zu trennen. Ich freue auch auf Momente ohne Musik.

Was machst Du, wenn Du keine Musik machst?
Müller: Ich gehe gerne ich die Kneipe oder ins Schwimmbad. Ich höre zum Beispiel im Radio nur WDR 5, weil dort eben viel geredet wird und nur ganz wenig Musik läuft. Sobald Musik läuft, startet in meinem Kopf die Analyse-Maschinerie – das ist fruchtbar. Ich freue mich immer über keine Musik.

Hat man als Musiker ein Ziel? Als Fußballer will man vielleicht Weltmeister werden oder als Schauspieler den Oscar gewinnen…
Müller: Meine größtes Ziel als Musiker wäre es mich selber zu überraschen. Ich bin unglaublich langsam im Stücke schreiben, weil ich versuche gerade auch für die Band Grenzen auszutesten. Wenn ich komponiere, habe ich Lust etwas zu finden, wo ich sagen kann, krass, super, das gefällt mir. Aber das passiert total selten. Für mich ist eigentlich immer der schönste Moment, wenn ich aus meine Mustern im Kopf rauskomme und etwas Neues entdecke. Natürlich würde es mir gefallen, dass wir vielleicht mal ein Konzert geben und die Leute singen unsere Lieder mit oder wir ein Musical machen, dass die Leute cool finden. Aber es ist nicht das primäre Ziel.

Schauen wir mal in die Glaskugel und zehn Jahre nach vorne und unterstellen Du hättest Nachwuchs. Das Kind kommt zu Dir und sagt, Papa Musik interessiert mich nicht – würde Dich das verletzten?
Müller: Nee, ich würde auch nicht wollen, dass mein Kind Musiker wird.

Warum nicht?
Müller: Das ist ein Scheißjob, aber die beste Arbeit, die es gibt. Musik zu machen und es schön zu finden ist eine Sache, aber wenn man sein Hobby zum Beruf macht, gibt es auch große Schattenseiten. Das Künstlerdasein geht ja auch einher mit ganz vielen Selbstzweifeln in einer so globalisierten Welt. In den sozialen Medien findest Du auf einen Schlag mehr als 1000 Pianisten, die viele geiler spielen als Du. Dann kommen die Zweifel nach Motto: Warum mache ich überhaupt noch Musik? Wen interessiert das überhaupt? Da gibt es auch eine riesige Latte an Angstzeug, dass nicht so cool ist.

Also doch Mathe studieren?
Müller: Habe ich witzigerweise auch gemacht, so neben meinem Tonmeisterstudium an der Fernuni, weil ich es wissen wollte, ob es was für mich wäre. Aber nach eine paar Semestern konnten ich ruhigen Gewissens sagen, das war’s nicht.

Hast Du noch was auf dem Herzen?
Müller: Ich könnte so den ganzen Tag mit Dir reden.

Fotos: Bernhard Preuss

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