Missbrauchsfall Lügde: Hamelner Polizei stellt Strafanzeige wegen falscher Verdächtigung

Schon kurz nach der erschütternden Pressekonferenz von Polizei und Staatsanwaltschaft in Januar 2019 zum Missbrauchsfall Lügde wurden Ermittlungspannen und Versagen von Polizei sowie Jugendämtern öffentlich. Immer wieder stand die eine Frage im Mittelpunkt: Wie konnten über Jahre und Jahrzehnte unbemerkt zahlreiche Kinder auf dem Lügder Campingplatz Elbrinxen missbraucht werden? Auf eine Antwort wartet die Öffentlichkeit bis heute, trotz intensiver Ermittlungen durch Polizei, Staatsanwaltschaft sowie Recherchen zahlreicher Journalisten.

„Ich habe im Schäferhundeverein immer wieder Andreas V. beobachtet.“

Jens Holland-Letz

Seit dieser Zeit melden sich wieder Menschen bei Behörden und Journalisten, die ihre Vermutungen äußern oder Beobachtungen schildern – darunter auch der 51-jährige Jens Holland-Letz, der inzwischen im schleswig-holtsteinischen Rendsburg wohnt, aber bis 2013 in Bad Pyrmont lebte. „Ich habe 2010 im dortigen Schäferhundeverein immer wieder den Hauptbeschuldigten Andreas V. und einen Polizeibeamten mit ihren Vierbeinern in inniger Eintracht beobachtet“, sagt Holland-Letz. Wenn man so freundschaftlich miteinander umgehe, müsse man doch etwas mitbekommen – er vermute ein Wegschauen des Beamten. Auch die Lokalzeitung habe damals über Ermittlungen wegen Kindesmissbrauchs gegen ein Vereinsmitglied berichtet – doch dieser Zeitungsartikel scheint wie vom Erdboden verschluckt. Mehrere unabhängige Rechercheure finden diesen Artikel nicht.

„Die Polizeiinspektion Hameln-Pyrmont/Holzminden hat im Mai Strafeanzeige erstattet.“

Stephanie Heineking-Kutschera, Sprecherin der Polizeiinspektion.

Seine Beobachtungen schilderte Holland-Letz vor zwei Jahren nicht nur Journalisten, sondern auch gegenüber den Kripobeamten der Sonderkommission „Eichwald“ – doch auch die Soko-Ermittlungen brachten keine Hinweise auf eine mögliche Mitwisserschaft oder gar Mittäterschaft des Polizisten aus dem Schäferhundverein. Im September 2019 wurden die Haupttäter Andreas V. und Mario S. vom Detmolder Landgericht wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 450 Fällen zu langjährigen Haftstrafen samt anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt.

Nun muss die Staatsanwaltschaft Kiel entscheiden

Anschließend stellt die Detmolder Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen Polizeibeamte und Jugendamtsmitarbeiter ergebnislos eingestellt. Doch Jens Holland-Letz, der den Prozess und die Ermittlungen im Missbrauchfall Lügde aus der Ferne beobachtet, hält an seinen Beobachtungen, Vermutungen fest und ruft im April dieses Jahres bei der Polizei in Hameln an, um seine Vorwürfe gegen den Beamten zu wiederholen. Daraufhin stellt die Polizeiinspektion Hameln-Pyrmont/Holzminden im Mai Strafanzeige wegen falscher Verdächtigung gegen den 51-Jährigen. Dies bestätigt Stephanie Heineking-Kutschera, Sprecherin der Polizeiinspektion: „Die Polizeiinspektion hat eine Strafzeige wegen falscher Verdächtigung erstattet. Weitere Auskünfte können wir nicht geben, da es sich um ein laufendes Verfahren handelt.“ Da Jens Holland-Letz in Rendsburg wohne, sei die Strafanzeige an die dortigen Kollegen übersandt worden, fügt Heineking-Kutschera hinzu. „Bei der Rendsburger Polizei musste ich nun dazu Stellung nehmen. Ich habe nichts zurückzunehmen und weiß was ich damals gesehen habe“, betont der 51-Jährige. Nun muss die Staatsanwalt Kiel darüber entscheiden, wie es weitergehen soll. „Ich werde auch eine Geldstrafe oder einen Prozess in Kauf nehmen, damit die Wahrheit ans Licht kommt“, sagt Holland-Letz. Doch für seine „Wahrheit“ gibt es derzeit keine Beweise.
Foto: Bernhard Preuss

Ein Kommentar zu “Missbrauchsfall Lügde: Hamelner Polizei stellt Strafanzeige wegen falscher Verdächtigung

  1. Da steht die Welt mal wieder auf dem Kopf. Als ob keine Anzeigen gegen den Haupttäter von Luegde verloren gegangen wären. Es ist entlarvend, wie Erwachsene immer wieder den gesunden Menschenverstand verlieren, wenn es um den sexuellen Missbrauch von Kindern geht.

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