Die gegenseitige Begrüßung ist freundlich und für Mitte Juli etwas ungewöhnlich: „Frohes Neues!“ Was normalerweise allenfalls bis Mitte Januar seine Berechtigung hat, ist bei meiner Rückkehr ins Fitnessleben zumindest im Spaß absolut angebracht – mehr als sieben Monate lang habe ich den Sportpark Lippe in Detmold nicht betreten können, der Lockdown ist erst seit wenigen Wochen aufgehoben. Seitdem läuft es im Sportpark schon fast wieder normal.

Rahim Falazadeh und Pino Carnovale (v. li.) sind geimpft und sehr froh, dass sie wieder trainieren können.
Gekommen sind auch Pino Carnovale und Rahim Falazadeh, die ebenfalls seit Jahren hier am Butterfly ihre Rückenmuskulatur stärken, Hanteln vom Boden reißen, ihre Hüften beugen, Gewichte mit den Beinen stoßen und ihre Brustkörbe aufpumpen. Die beiden sind froh, dass sie erstmals seit Juni – nach mehr als siebenmonatiger Corona-Zwangspause – wieder ihren Körper in Form bringen können. Die beiden sind doppelt geimpft, aber die Abstandsregeln müssen die beiden Männer trotzdem beachten. „Ich habe es wirklich vermisst“, sagt Carnovale, der zum Training extra aus Blomberg kommt und Rahim aus Lemgo fügt lächelnd ein „endlich“ hinzu. Sie haben in der Corona-Zeit ihre Beiträge weiter gezahlt, obwohl kein Training möglich war.

„Wer im Sportpark trainiert ist nicht Mitglied im Fitnessstudio, sondern im Verein dem 1. RSC Detmold e.V.“, betont der Vereinsvorsitzende und Mitgesellschafter des Sportparks Andreas-Alexander Muschick. Daher könnten die Vereinsmitglieder nicht ihre Beiträge fürs Fitnessstudio zurückverlangen, weil der Verein seine Türen in den vergangenen Monaten aufgrund der Pandemie geschlossen habe. „Die Leute, die bei uns trainieren sind keine Kunden, sondern Vereinsmitglieder“, betont Diplom-Kaufmann Muschick. Einige verwechselten dies und daher sei es in den vergangenen Monaten zu einigen „unerfreulichen“ Telefonaten gekommen, fügt Sarah Janz, Sportliche Leiterin im Sportpark, hinzu. Das es einen Unterschied zwischen Sportvereinen und kommerziellen Fitnessstudios gibt, bestätigt auch die Verbraucherzentrale-NRW: „Für Sportvereine gilt eine andere gesetzliche Regelung als für Studios. Mitglieder müssen Vereinsbeiträge auch dann weiter zahlen, wenn kein Training stattfinden kann, weil sie mit ihrem Beitritt bestimmte Rechte und Pflichten anerkannt haben.“ Natürlich sei auch hier eine Kündigung möglich, die fristgerecht erfolgen müsse.

Darauf verweist Muschick immer wieder: „Viele rufen an, schimpfen und wollen ihre Beiträge fürs Fitness-Studio zurück, aber das Fitness-Angebot ist Teil des Vereinsangebots.“ Doch ein Verein ohne Mitglieder mache keine Spaß, fügt der Ex-Tennisprofi hinzu, der 40 Prozent Mitgliederschwund hinnehmen muss. Derzeit zähle der Verein rund 500 Mitglieder. „Aber wir hoffen, dass wir die Absprungenen bald wieder bei uns begrüßen dürfen. Ein weiterer Lockdown wäre eine Katastrophe“, sagt Janz. Im Bereich Rehasport, der ebenfalls im Sportpark angeboten werde, sei die Zahl mit 2500 sehr konstant.
Doch nicht nur der Sportpark Lippe, sondern auch andere lippische Vereine müssen Kündigungen nach mehreren Lockdowns hinnehmen.
TuS von 1913 Kachtenhausen e.V. Lage: Hier kostet die Vereinsmitgliedschaft neun Euro monatlich und für einzelne Kurse wie Fitness, Tennis oder auch American Football müssen Zusatzbeiträge gezahlt werden. „Wir hatten von November bis Mai keine Einnahmen, außer den Mitgliedsbeiträgen“, sagt der Vereinsvorsitzende Bernhard Engelke. Von den 60.000 Euro Einnahmen für die einzelnen Vereinszweige habe man 45.000 Euro zurückgezahlt. Auch die Zahl der Vereinsmitglieder sei während der Pandemie von 1565 auf 1385 zurückgegangen – im Fitness-Bereich sei die Zahl um rund 160 auf 300 gesunken.
„Wir mussten schon an unsere Rücklagen ran.“
Bernhard Engelke, Voristzender des TuS Kachtenhausen
„Es ist nicht außergewöhnlich, dass die Zahl im Jahresverlauf schwankt, doch es kommen wenige hinzu, weil die Pandemie wie ein Damoklesschwert über uns schwebt und jederzeit wieder Schließungsbeschlüsse kommen können“, erklärt der 68-jährige Engelke. Die lange coronabedingte Schließung und die damit verbundenen Mitgliederrückgange und Einnahmeverluste gingen an die Vereinssubstanz. „ Wir mussten schon an unsere Rücklagen ran und einige Baumaßnahmen müssen jetzt erst einmal verschoben werden, weil die Einnahmenseite etwas dünn ist“, sagt Engelke, der seit 1981 im Verein ist. Er sei nicht sauer, weil einige langjährige Mitglieder dem Verein während der über siebenmonatigen Schließung den Rücken gekehrt hätten. „Man muss auch berücksichtigen, dass durch Kurzarbeit und anderen Einschränkungen die Einnahmen bei den Familien gesunken sind, aber wir hoffen, dass wir diese Menschen wieder für den Vereinssport begeistern können“, betonte Engelke.
TV Lemgo von 1863 e.V.: Auch beim größten lippischen Sportverein dem TV Lemgo von 1863 e.V. haben die langen Schließungsphasen während der Pandemie ihre Spuren hinterlassen. „Wir hatten mal mehr als 3300 Mitglieder und liegen derzeit bei 2850“, sagt Geschäftsführer Patrick Busse. Der Grundbeitrag für eine Vereinsmitgliedschaft liege zwischen fünf und 9,50 Euro. Für einzelne Abteilungen, darunter Fitness, Volleyball oder Turnen müssten Zusatzbeiträge geleistet werden – für den Fitness-Bereich sind monatlich nochmals 44 Euro fällig. „Der überwiegende Teil unser Mitglieder hat ihre Beiträge aus Solidarität weiter gezahlt, doch natürlich gab es während der Pandemie auch Austritte“, sagt Busse.
„Die Pandemie und ihre Folgen haben uns gebeutelt und bisher einen sechsstelligen Betrag gekostet.“
Patrick Busse, Geschäftsführer des TV Lemgo
Jährlich verließen 500 bis 600 Mitglieder den Verein, doch ebenso viele oder gar noch mehr füllten die Anträge für einen Vereinseintritt aus. „Doch die Zahl der Neumitglieder ist sehr, sehr niedrig, weil die Pandemie die Menschen sehr verunsichert hat“, sagt Busse. Seit Frühjahr 2020 habe der Verein immer wieder unter Corona-Maßnahmen gelitten und auch Alternativen übers Internet angeboten. Doch dieses Angebot habe Mitglieder, die ihre Verträge gekündigt hätten, nicht überzeugt. „Die Pandemie und ihre Folgen haben uns gebeutelt und bisher einen sechsstelligen Betrag gekostet“, sagt Busse. Zum Glück habe der Verein genug Rücklagen, doch einige Projekte, darunter Infrastruktur- und Kinderprojekte seien erst einemal verschoben worden. „Doch ich hoffe, dass die zermürbende Situationen der Vergangenheit angehören und wir die verlorenen Mitglieder wieder mit unserem Angebot überzeugen können“, sagt der 48-jährige Busse, der seit 2001 die Geschäfte des Vereins führt.
Fotos: Bernhard Preuss