Nur noch ein paar Stunden – und 2021 ist vorbei. „Endlich“, sagen viele. Einige Menschen, die ich im vergangenn Jahr für Geschichten treffen und sprechen durfte, geben einen persönlich Jahresrückblick und sprechen über ihre Wünsche für das kommende Jahr. Ein kurzer Rück- und Ausblick unter anderem mit Sternekoch Jan Diekjobst, Schaustellerin Lilo Noack, Prinz Stephan zur Lippe, einer mutigen Mutter, die den Missbrauchsfall in Lügde an die Öffentlichkeite zerrte und vielen anderen Menschen, die mir für einen kurzen Moment ihr Herz öffneten und mich an ihren Gefühlen und Gedanken teilhaben ließen. Vielen Dank für das Vertrauen und allen viel Spaß beim Lesen, einen guten Rutsch und viel Gesundheit!

Sven* ist 1,85 Meter groß, wiegt 120 Kilo, hat breite Schultern und kräftige Hände. Nur die sanfte Stimme des 46-Jährigen passt so gar nicht zu seinem Erscheinungsbild. Es ist schwer zu glauben, dass dieser Mann seit 1997 von seiner Frau, die er „als mindestens einen Kopf kleiner und sehr zierlich“ beschreibt, verprügelt wird. Doch die Bilder, die er vor und nach seinen Arzt- und Krankenhausbesuchen per Handy gemacht hat, zeigen seinen verbundenen Oberarm, seine geschwollenen Augen, Lippen sowie eine blutige Nase. „Ich habe den Medizinern erzählt, dass ich die Treppe runtergefallen bin oder mich in der Werkstatt verletzt habe. Die Misshandlungen durch meine Frau habe ich verschwiegen, weil ich mich so geschämt habe“, sagt Sven. Mehr dazu
Persönlicher Rückblick auf 2021: Rückblickend war das vergangene Jahr ganz gut. Viele Freude waren für mich da. Ich habe mir eine Existenz aufgebaut und auch beruflich läuft es einigermaßen. Trotzdem ist es eines der schwersten Jahre in meinem bisherigen Leben. Meine Kindern sind weg und wohnen nun knapp 300 Kilometer entfernt. Es ist schwer jeden Tag motiviert in den Tag zu starten, wo man sich eigentlich nur die Decke über den Kopf ziehen möchte.
Schulnote für 2021: Ich gebe trotdem dem vergangenen Jahr die Note zwei.
Worauf freuen Sie sich in 2022?: Ich würde sehr gerne mal ein paar Tage Urlaub machen, doch ich kann es mir nicht leisten, weil ich Unterhalt zahlen muss. Momentan geht es mir nicht gut. Ich habe jede Nacht Albträume, vermisse meine Kinder und Corona hat mich trotz doppelter Impfung erwischt. Ich wünsche mir für 2022 Normalität und regelmäßige Treffen mit meinen Kindern.
*Name geändert

Manchmal liegt Lilo Noack wach im Bett. Die Angst vor der Zukunft raubt ihr den Schlaf. „Wir sind eine Schaustellerfamilie mit Leib und Seele. Ich habe in der siebten Klasse die Schule ohne Abschluss verlassen, weil ich mit anpacken musste. Seit dem arbeite ich auf dem Rummel und liebe meinen Job“, sagt Lilo. Jeden Tag hatte sie bunte Lichter um sich rum und immer ein großes Karussell in der Nähe, auf das sie nur aufspringen musste, um mitzufahren. Sie konnte plaudern mit der Toilettenfrau von gegenüber und dem neuen Zombie aus der Geisterbahn. Aber sie weiß nicht mehr, wie sich das anfühlt. Mehr dazu
Persönlicher Rückblick auf 2021: Mein Jahr war durchwachsen – viele nette Menschen getroffen, wenn wir auf Stadtfesten aufbauen durften. Fühle mich vom Staat im Stich gelassen, da ich immer noch auf die Überbrückungshilfe 3 von Januar bis Juni 2021 warte. Dadurch verschwinden weder Existenzängste noch die schlaflosen Nächte
Schulnote für 2021: Eine glatte 4
Worauf freuen Sie sich in 2022: Auf mehr Menschlichkeit und viele bunte Lichter.

Ob Umzug, Erbschaft oder Trauerfall. Angehörige stehen plötzlich vor einer schwierigen Aufgabe: Ein Hausstand ist aufzulösen. Nur wenige ertragen es, selbst zum Müllsack zu greifen. Die Eheleute Jasmin und Marc Kuhlmann aus Dörentrup sind „Haushaltsauflöser und Entrümpler“. Bei ihrer Arbeit geht es nicht nur darum, alte Möbel zu entsorgen. Oft räumt Familie Kuhlmann ein ganzes Leben auf. Die Haushaltsauflöser bekommen tiefe Einblicke in das Leben des Menschen, der in der leer zu räumenden Wohnung gelebt hat. Sie lösen einen kompletten Hausstand auf, der nur selten noch von großem finanziellem Wert ist, ideell aber schwer wiegt. Was wird weggeworfen und wo sind die idealen Verstecke? Fingerspitzengefühl und Vertrauen sind nötig, sagt das Ehepaar und erzählt, welche Erinnerungen und Geschichten sich in den Schubladen verstecken – und wie sie über Besitz denken. Mehr dazu
Persönlicher Rückblick auf 2021: Es war ok. Corona nervt, aber wir lassen uns das Leben nicht durch dieses Virus bestimmen.
Schulnote für 2021: 2-
Worauf freuen Sie sich in 2022: Auf weitere Expansionen im beruflichen Bereich.

Der Detmolder Christian Schmidt ist nicht nur Besitzer von drei Apotheken, Bezirksvorsitzender des Apothekerverbandes für Lippe, sondern auch Vorsitzender Werbegemeinschaft. Ein Gespräch mit dem Familienvater aus dem Frühjahr dieses Jahres und was von den Erwartungen in Erfüllung gegangen ist. Mehr dazu
Persönlicher Rückblick auf 2021: Ich bin ganz zufrieden, obwohl Corona vieles dominiert hat und uns auch paar Mal einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Schulnote für 2021: 3-
Worauf freuen Sie sich in 2022?: Ich bin ein Optimist und hoffe auf ein normales Leben in allen Bereichen. Ich freue mich auf zahlreiche Aktivitäten in der Stadt und auch die Konfirmation meines Sohnes.

Alles Glück der Erde liegt auf dem Rücken der Pferde“, reimt der Volksmund, und glaubt man ihm, ist das Glück im Ausbildungs- und Pensionsstall der Familie Schlingheider in Blomberg-Eschenbruch, die sich dort seit Generationen um Rösser kümmern, daheim. Denn Pferderücken gibt es hier genug. Jetzt, während der Beschränkungen wegen Corona kann vieles auf dem Hof von Ronja und Maik Schlingheider nicht stattfinden. Aber trotzdem ist beim Hofbesuch im März einiges los, denn: „Zusperren und warten, bis die Corona wird verschwindet – das geht hier nicht. Die Pferde müssen versorgt werden“, betont Pferdewirt Maik Schlingheider. Mehr dazu
Persönlicher Rückblick auf 2021: Natürlich schränkt uns Corona weiterhin ein und der Frust ist groß, dass die gewünschte Normalität immer noch nicht in Sicht ist. Dennoch haben wir Pferdeliebhaber sehr viel Glück, weil wir unser Hobby betreiben dürfen.
Schulnote für 2021: 3
Worauf freuen Sie sich in 2022?: Wir wünschen uns auch im kommenden Jahr tolle Begegnungen mit Menschen nicht nur via Bildschirm, sondern hoffentlich wieder persönlich.

Vor den Augen von Stephan zur Lippe spielt sich ein dramatisches Waldsterben ab, bedingt durch Trockenheit und Stürme, aber vor allem durch den Borkenkäfer. Jetzt will der 62-Jährige die verödeten Flächen auf der Gauseköte mit 13 Windkraftanlage bestücken, um neue Einnahmequellen zu erschließen – an dem Vorhaben gibt’s reichlich Kritik und Widerstand – die Umsetzung des Projektes steht in den Sternen. Ein Gespräch vor Ort, über Klimawandel, Windparkpläne samt Profiteure, seine Kritiker und den Nationalpark Teutoburger Wald. Mehr dazu
Persönlicher Rückblick auf 2021: Das vergangene Jahr war war in vielerlei Hinsicht herausfordernd. Auch durch die Bundestagswahl ein Wendepunkt der neugierig auf die Zukunft macht.
Schulnote für 2021: Ich würde dem abgelaufenem Jahr die Note drei geben.
Worauf freuen Sie sich in 2022?: Ich wünsche mir ein ganz und gar unspektakuläres Jahr und hoffe, dass die Pandemie endlich endet.

Svenja ist zehn Jahre und ist mit dem Down-Syndrom, auch Trisomie 21 genannt, auf die Welt gekommen, das Chromosom 21 ist bei ihr dreimal vorhanden. Beim Besuch der Lemgoer Familie Middeke erlebe ich ein fröhliches Mädchen, mal konzentriert beim Spielfigurentest, mal fröhlich auf dem Rad, mal beim Versuch, eigenständig Buchstaben und Zahlen nachzuzeichnen. Svenja ist ein Lichtblick im Tunnel der Pandemie, sagt Mutter Nicole Middeke. Mehr dazu
Persönlicher Rückblick auf 2021: Ein Jahr voll schöner Begegnungen und entschleunigtem Leben, aber auch gesundheitlichen Problemen, die einem echt den Boden unter den Füßen weggerissen haben.
Schulnote für 2021: Das Jahr bekommt die Note 4
Worauf freuen Sie sich in 2022?: Für das kommenden Jahr wünschen wir uns wieder mehr Treffen mit Freunden. Gesundheit und unseren Alltag zurück.

Roland Kopp, Ex-Fußballprofi von Arminia Bielefeld, prallt im Juni 2012 an einem Bahnübergang in Detmold mit seinem Audi gegen einen Zug der Westfalenbahn, da der Wärter vergisst, die Schranke herunterzulassen. Doch auch knapp neun Jahre nach dem Unfall, den er damals äußerlich unverletzt überstand, leidet der 56-Jährige unter den psychischen Folgen des Crashs. Zu schaffen macht ihm auch die „Verzögerungstatik“ der Deutschen Bahn sowie der Westfalenbahn im Schmerzensgeldprozess. Knapp neun Jahre nach dem Unfall hat die Zivilkammer des Detmolder Landgerichts Roland Kopp, dem Betreiber des Detmolder „Soccerdomes“, im April eine finanzielle Entschädigung zugesprochen.
Persönlicher Rückblick auf 2021:Ich bin froh, dass es vorbei ist. Es war das beschissensde Jahr meines Lebens.
Schulnote für 2021: 5
Worauf freuen Sie sich in 2022?: Auf die WM und mein Buchprojekt.

Der 20. Oktober 2018 ist ein kühler, sonniger Herbsttag – an diesem Samstag ist Birgit Schröder* gemeinsam mit ihrer damals neunjährigen Tochter Julia* auf dem Weg ins Polizeikommissariat im niedersächsischen Bad Pyrmont. Auf den Rund rund zwei Kilometern zwischen Wohnung und Behörde klammert sich das Mädchen fest an die Hand der Mutter, Tränen fließen – vor dem Eingang nochmal die Augen trocken wischen, tief durchatmen und dann rein in die Räumlichkeiten der Polizei an der Bahnhofstraße 42. Die beiden erstatten Strafanzeige gegen Dauercamper Andreas V. „Erst durch die Anzeige dieses Mädchens wurde dieser jahrzehntelange, monströse Missbrauchsfall Lügde mit all seinen Folgen und auch der politischen Dimension öffentlich – für mich ist sie eine wahre Heldin“, sagt Rechtsanwalt Roman von Alvensleben aus Hameln. Mehr dazu
Persönlicher Rückblick auf 2021: Wir mussten viel kämpfen und ich habe nach diesen schrecklichen Ereignissen versucht, mir und meiner Tochter Kraft und Mut zu geben. Ich habe ein Fernstudium Wirtschaftsrecht begonnen und die ersten sechs Prüfungen mit sehr gut und gut bestanden.
Schulnote für 2021: 3
Worauf freuen Sie sich in 2022?: Ich möchte das Studium abschließen und hoffe, dass wir vielleicht ein relativ normales Leben führen können – ohne täglich an die schrecklichen Taten erinnert zu werden und ohne Corona.

Der Guide Michelin hat wieder seine begehrten Gastronomiesterne vergeben. Und auch in Detmold durfte gejubelt werden: Jan Diekjobst (28), Geschäftsführer und Küchenchef sowie sein Team in „Jan’s Restaurant“, durften jubeln. „Jan Diekjobst versteht sich auf eine moderne, kreative und zugängliche Küche“, so das Lob des Guide Michelin. Es ist der erste Stern für eine Gastronomie in Lippe. Ein Gespräch mit dem jungen Sternekoch über seine Berufswahl, seinen Kochstil, seine Heimatliebe sowie einen Sternezuschlag und die künftigen Pläne.
Bald gibt’s Kaffee, Kuchen und andere Leckereien von Sternekoch Jan Diekjobst – der 28-Jährige übernimmt das traditionsreiche Café Elbing und möchte zum 1. März kommenden Jahres eröffnen.
Persönlicher Rückblick auf 2021: Es war ein spannendes Jahre für mich – das gesamte Team hat sich über den Stern gefreut. Die Mannschaft ist zusammengeblieben, damit ist der künftigen Erfolg gewährleistet. Zum Glück ist keine Teammitgliede und niemand auch meiner Familie an Corona erkrankt.
Schulnote für 2021: Ich gebe dem Jahr die Note 2.
Worauf freuen Sie sich in 2022?: Schon zum Jahresanfang freue ich mich auf das spannende Projekt Café Elbing. Das wird ein absolutes Highlight. Ich freue mich auf die Herausforderung und hoffe, dass uns die Gäste treu bleiben.

Das Kino „Filmwelt“ in der Detmolder Innenstadt ist kein Kino mehr. Doch vor dem Auszug muss alles raus. Damit das Kinoinventar aber nicht einfach in einer Mulde landet, hat Pächter Volker Pannenbecker zum Räumungsverkauf geladen. Ein Treffen für Kinofans, Nostalgiker und Plakatsammler, die auf Kinosessel mit rotem Samtüberzug stehen. Mehr dazu
Persönlicher Rückblick auf 2021: Ehrlich gesagt, hatte ich noch nicht wirklich Zeit ein Jahresresümee zu ziehen, weil ich so viel zu tun hatte.
Schulnote für 2021: Eine 2 bis 3
Worauf freuen Sie sich in 2022?: Auf den Urlaub.
Archivfotos: Bernhard Preuss/Erol Kamisli