Mit einem Rettungswagen samt Blaulicht wird die 95-jährige Margret Kreuder am 18. November vergangenen Jahres, aus der Praxis ihres Hausarztes in Lemgo, ins Detmolder Klinikum gebracht. Der Lemgoer Mediziner diagnostiziert eine Lungenentzündung und ordnet eine umgehende Einlieferung an. In der Notaufnahme angekommen, wird die Rentnerin sofort untersucht. „Dafür wurde ich entkleidet und musste natürlich auch meine Hörgeräte, Brille und meine Handtasche samt Hausschlüssel, Ausweis und Bargeld abgeben“, erinnert sich Kreuder. Sie wird durchgecheckt und stationär aufgenommen. Während ihre achttägigen Klinikaufenthalts fragt sie immer wieder nach ihren Sachen, „denn ohne Hörgeräte und Brille bin ich nur ein halber Menschen“, sagt die 95-Jährige. Die Seniorin wird vertröstet, ihre Sachen würden zeitnah vorbeigebracht. Doch sie wartet vergebens. Hörgeräte, Brille sowie Handtasche samt Hausschlüssel, Ausweis und Bargeld – im Wert von rund 5000 Euro – sind weg. Eine Mitarbeiterin des Klinikums nimmt sich der Sache an, doch ohne Erfolg. Trotz intensiver Suche taucht das Eigentum der Seniorin nicht mehr auf. Doch die Versicherung des Klinikum lehnt eine Schadensübernahme ab – jetzt trifft man sich vor Gericht.
„Wir fühlten uns vom Klinikum nicht ernst genommen.“
Ute Kirchhof, Tochter von Margret Kreuder
„Meine Tochter musste mir neue Hörgeräte und eine neue Brille besorgen. Hinzu kamen die Kosten für den Austausch der Türschlösser und den neuen Ausweis“, erinnert sich die 95-Jährige. Tochter Ute und Schwiegersohn Andreas Kirchhof suchen den Kontakt zu den Klinikverantwortlichen, füllen gemeinsam mit der Seniorin eine Verlustmeldung aus und erstatten Anzeige bei der Polizei. „Wir fühlten uns vom Klinikum nicht ernst genommen. Erst wurde spekuliert, dass die Sachen versehentlich entsorgt wurden und schließlich wurde die Diebstahlstheorie favorisiert“, sagt Ute Kirchhof.

Rund vier Wochen später habe die Rechtsabteilung des Klinikums der Familie schriftlich mitgeteilt, dass der Verlust der Klinik-Haftpflichtversicherung gemeldet worden sei. Doch die Versicherung sehe keine haftungsrechtliche Verantwortlichkeit des Klinikums. Zudem wird in dem Schreiben bestätigt, dass die Sachen der 95-Jährigen nach der Einlieferung verpackt und mit Patientenaufklebern versehen worden seien. Wörtlich heißt es: „Auf dem Transport innerhalb unseres Hause sind diese Gegenstände abhandengekommen. Es ist hier nicht völlig auszuschließen, dass von dritter Seite ein Diebstahl begangen wurde.“ Diese Spekulationen empören die Seniorin und ihre Angehörigen: „Damit übernimmt das Klinikum keine Verantwortung für den Verlust der Sachen und schiebt es einfach auf einen Krankenhausdieb.“
Klage am Landgericht Detmold eingereicht
Ende des Jahres 2021 schaltet die Familie den Bielefelder Rechtsanwalt Ralf Fischer ein. Doch nach mehreren erfolglosen Vermittlungsgesprächen, reicht der Jurist im Auftrag der 95-jährigen Lemgoerin eine Zivilklage gegen das Klinikum am Detmolder Landgericht ein – einen Termin gibt es noch nicht. „Es ist einfach unglaublich, dass sich das Krankenhaus seiner Verantwortung, die sie schriftlich bestätigt, nicht stellt“, sagt Fischer.
Auf Anfrage wollte sich sich das Klinikum Lippe nicht zum Fall Kreuder äußern, da es sich um ein laufendes Verfahren handele.